Sonntag, 31. Juli 2011

Fremdgegangen, Teil 1 - oder: Beim Verein, den ich noch nie siegen sah

Schlechte Fotoqualität, schlechtes Ergebnis für Onkel Egon.

Unterhält man sich mit Leuten über den ersten Stadion-Besuch oder wird selbiger in Fußball-Büchern von Autoren geschildert, so hat man das Gefühl, dass alle durch ein spektakuläres Ereignis im Spiel 1 zu lebenslangen Fans geworden sind. Bei mir war das leider nicht so. Mein "erstes Mal" kann ich nicht einmal mehr genau datieren. Es muss irgendwann zwischen 1988 und 1990 gewesen sein, in der Oberliga Nordrhein oder der Verbandsliga Niederrhein. Aber was ich weiß: es war im Niederrheinstadion, und es war Rot-Weiß Oberhausen.
Mein Onkel Egon geht seit über 50 Jahren zum RWO und nahm mich damals mit. Ich fand das toll, lernte den Text von "Ri-ra-ro RWO!" auswendig und fuhr fortan des Öfteren mit ins Niederrheinstadion. Auch Knaller-Auswärtsspiele durfte ich dank Onkel Egon sehen. Doch all das hatte nach ein paar Jahren ein Ende. "Kind, dat geht so nicht mehr weiter. Wenn Du mitkommst, haben die die Seuche am Fuß. So kicken die bald in der Kreisliga C!", sagte Onkel Egon. Und in der Tat: ich habe der Erinnerung nach RWO nie gewinnen sehen.
Da Onkel Egons Angebote, mich am Sonntag mitzunehmen, in der Tat immer seltener wurden, und ich zum "alleine ins Stadion gehen" noch zu klein war, nahm meine Karriere als RWO-Fan daher schon früh ein abruptes Ende. Die weiteren Zwischenschritte bis zum "Ankommen auf Schalke" erläutere ich vielleicht ein anderes Mal. Um Onkel Egon weiteres Leiden zu ersparen, habe ich jedoch RWO seitdem wirklich nur noch sehr selten besucht. Jedes Mal sah ich Niederlagen. Auch, als ich in der Saison 1998/1999 einen erneuten Anlauf startete und auf neutralem Boden (RWO spielte damals im Parkstadion) das Pokal-Halbfinale gegen Bayern schaute, war das nicht anders. Gleiches galt für das Pokal-Viertelfinale 2001/2002 gegen die Königsblauen in der Veltins-Arena. Im Niederrheinstadion bin ich pro Saison maximal bei einem Heimspiel, um nicht für Abstiege oder ähnliches verantwortlich gemacht zu werden.
Gestern spielte RWO nun in der ersten Runde des Pokals gegen Erstliga-Aufsteiger Augsburg  - und ich hoffte, den RWO-Fluch endlich ablegen zu können. Das Ergebnis: RWO war besser und verlor trotzdem. Spielerisch sicherlich vor allem eher durch tapferes Kämpfen und Anrennen auffallend (der Titel "Malocher-Team" passte), waren die Rot-Weißen gegen Ende der Verlängerung völlig platt und fingen sich, während schon alle in der Emscherkurve vom Elfmeterschießen träumten, in der letzten Minute das 1-2 ein. Meine RWO-Freunde pöbelten, und nach dem Spiel erhielt ich diverse SMS, ob ich etwa wieder im Stadion gewesen sei.
Auf RWO wartet trister Drittliga-Alltag. Mit so vielen Erst- und Zweitligisten vor der Tür finden leider selten wirklich große Massen ins Niederrheinstadion. Dabei hat es schon einen besonderen Charme in der Emscherkurve: hinter der Kanalkurve sieht man die Türme der Schiffchen herdüsen, die Soundanlage sind auf die Tartan-Bahn gestellte Boxen, wie man sie auch aus alten Großraumdiskotheken kennt, es gibt weder Knappen-Karten noch elektronische Einlasskontrollen, die VIPs feiern im Zelt statt im Blauen Salon, statt auf den Videowürfel mit Böklunder Fan-Box schaut man auf die aus Leverkusens Ulrich-Haberland-Stadion ausrangierte Anzeigetafel. 
Das nächste Mal RWO? Ich habe versprochen, dass das frühstens sein wird, wenn es um nichts mehr geht und der Tabellenletzte zu Besuch nach Oberhausen kommt. Schade eigentlich. Aber besser für Onkel Egons Nerven.

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