Donnerstag, 10. November 2011

Schnickschnack für die Länderspielpause, Teil 3


Samstage während der Bundesliga-Saison haben neben den eigentlichen Spielen einen weiteren festen Termin: die Sportschau ab 18.00 Uhr. Das ist nicht nur bei mir so, sondern bei einem Großteil der Fußball-Fans. Zugegebenermaßen begann mein regelmäßiger bewusster Bundesliga-Konsum am Samstag Abend nicht mit der Sportschau, sondern mit der grauenhaften Mode-Show "ran" auf Sat.1. Ich erinnere mich an bunte Klamotten, den regelmäßig ausflippenden Werner Hansch und immer größere Werbeblöcke. Gemeinsam war jedoch sowohl der Sportschau als auch dem zwischenzeitlichen Intermezzo von RTL und schließlich auch ran, dass am frühen Samstag Abend im Fernsehen Bundesliga geguckt werden konnte. Das könnte ab 2013 anders aussehen.

Anfang Juni wurde u.a. hier bekannt, dass die DFL über neue Rechtepakete bei der Vermarktung der Bundesligarechte nachdenkt. Besonders relevant sind hierbei zwei geplante "Szenarien": bei Szenario I gäbe es u.a. ein Paket für eine Highlight-Berichterstattung ab 18.30 Uhr im Free-TV. Hieße: es bliebe alles beim Alten, wobei natürlich wiederum alle Free-TV-Sender mitbieten könnten. Neu ist jedoch das Szenario II: sollte dieses zum Tragen kommen, gäbe es ab der Bundesliga-Saison 2013/2014 u.a. ein Paket für eine Highlight-Berichterstattung über „Netcast“ (d.h. im Wesentlichen Web-TV). Hier dürfte also ab 19.00 Uhr über das Internet berichtet werden, eine Free-TV Berichterstattung wäre jedoch erst ab 21.45 Uhr möglich. Anders als bisher könnte sich der gemeine Fußballfan somit erst um 19.00 Uhr vor den Rechner setzen und auf einem Monitor (oder aber einem internetfähigen Fernseher) die Zusammenfassung der Bundesliga schauen - oder müsste bis mindestens 21.45 Uhr warten, um dann im "richtigen Fernsehen" zu schauen, was in den anderen Stadien so los war.
Konvergenz der Medien hin oder her - dass die DFL dieses neue Szenario II anstrebt, weil das Fernsehen in absehbarer Zeit völlig durch Web-TV und IPTV abgelöst wird und einfach "mit der Zeit gehen" will, ist natürlich schwachsinnig (zur Zeit geben 5% der Internetnutzer an, mindestens einmal pro Woche Fernsehen per Web-TV zu schauen, war jüngst in der ARD/ZDF-Onlinestudie 2010 zu lesen). Vielmehr verstärkt sie durch die Öffnung für den Mobil- und Web-Bereich den Wettbewerb, denn so treten zu den herkömmlichen Bietern weitere aus einem neuen Bereich hinzu. Das Bundeskartellamt hat bereits im Juni in einer Pressemitteilung bekanntgegeben, dass es nach einer vorläufigen Bewertung keine kartellrechtlichen Bedenken gegen diese Konzeption gibt - solange die Ausschreibung diskriminierungsfrei und transparent ablaufen kann.
Nachdem man eine Weile nichts von den Vorhaben hörte, bekräftigte DFL-Geschäftsführer Christian Seifert nun in der gestrigen Ausgabe der Süddeutschen, dass die befürchteten "neuen Szenarien" in der Tat (aller Wahrscheinlichkeit nach) im baldigen Auktionsprozess umgesetzt werden sollen. Mir bereitet diese neue Vermarktungsidee Bauchweh. Kartellrechtlich mag das von der DFL geplante Modell wohl okay sein, aber die Vorstellung, zukünftig entweder auf dem Rechner zur gewohnten Zeit oder aber erst ab 21.45 Uhr im Fernsehen die Bundesliga-Berichterstattung zu verfolgen, gefällt mir nicht. Mir reicht das Spektakel rund um die Spielberichte in der "Sportschau". Schaut man sich an, welcher Trara bei den privaten Sendern rund um Fußball-Übertragungen gemacht wird (ich denke noch immer mit Grauen an das schlimme Interview von Lars Rickens Ehefrau nach dem Spiel in Mailand, in dem sie Raúl zum Deutsch sprechen nötigen wollte) und wie nervig die ständigen Werbeunterbrechungen waren, so erscheint die "Sportschau" erst recht in einem noch besseren Licht. Und anzunehmen, dass auf Gewinn bedachte Unternehmen, die die Bundesliga gegebenenfalls über das Internet ausstrahlen, auf Werbung und sonstigen Killefit verzichten, wäre nun sehr naiv. 
Bin ich für diese Art, die technischen Neuentwicklungen und Übertragungsmöglichkeiten zu nutzen, zu sehr "old school-Kind"? Oder hängt auch Ihr am Termin um 18.00 Uhr vor dem Fernseher?

7 Kommentare:

  1. Natürlich ist dieses Szenario auf den ersten Blick nicht angenehm. Vor allem dann, wenn "Webcast" bedeutet, dass sich T-Home die Rechte schnappen kann und nur ihren Kunden zur Verfügung stellt.
    Grundsätzlich sehe ich daran aber nichts falsches. Die 5% der Nutzer die du da erwähnst, gucken vielleicht deswegen nicht unbedingt Web-TV, weil die Inhalte eher nicht so der Brüller sind.
    Man sollte lieber mal fragen, wie viele Haushalte mittlerweile internetfähige Fernseher zu Hause stehen haben oder anderweitig "über das Netz" (Beamer, großer Computerbildschirm) Videoinhalte so konsumieren, wie sie es vorher nur mit dem Fernseher getan haben.

    Wenn man für die Übertragung dann nichtmal pünktlich vor dem TV sitzen muss und sich die Reihenfolge der Spiele evtl. sogar selber festlegen lässt, dann bitte immer her damit!

    Das hat alles seine Vor- und Nachteile. Ich bin da erstmal auf das Modell gespannt.

    AntwortenLöschen
  2. Tobi, Deine Ausführungen sind mir natürlich auch durch den Kopf gegangen. Zeitsouveränes Fernsehen an sich ist in der Tat praktisch und nett, aber ich bezweifele, dass ein Großteil der potentiellen Sportschau-Gucker in zwei Jahren bereits technisch so ausgestattet ist, dass der Genuss der Sportschau über das internetfähige TV die Regel ist. In der Welt Online stand dazu übrigens heute: "Auch die Zahl der Internet-Fernseher steigt. Im vergangenen Jahr wurden 500 000 Hybridfernseher verkauft, 2010 werden es zwei Millionen sein und 2011 sechs Millionen." (http://www.welt.de/print/welt_kompakt/webwelt/article10862437/Mit-dem-Fernseher-im-Internet-surfen.html).
    Mir wäre vielmehr ein Paket lieb gewesen, das bspw. dafür sorgt, dass die Sportschau (oder was auch immer)-Berichte über die Spiele auch am Sonntag oder Montag noch kostenfrei im Internet angeschaut werden können. Aber da macht ja leider der Rundfunkstaatsvertrag (zumindest für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk) nicht mit.
    Im Kern bleibt wirklich erstmal nur abwarten. Und vielleicht sitzen wir dann ja auch 2013 noch wie gewohnt alle auf der Couch und gucken die Sportschau mit Herrn Opdenhövel.

    AntwortenLöschen
  3. Ich glaube auch nicht, dass das alles reibungslos funktionieren wird. Mein Vater wird sich auf jeden Fall furchtbar aufregen.
    Ich würde allerdings erstmal abwarten.

    AntwortenLöschen
  4. So sieht's aus. Ich bin jedenfalls gespannt, was am Ende rauskommt - und wie die Zuschauer dann auf die jeweiligen Optionen reagieren.

    AntwortenLöschen
  5. Ich bin jetzt knapp 38 Jahre alt und sitze somit zwischen den Stühlen der "Digital Natives" und "Den alten Säcken". Würde ich aus einer altroistischen Gutmensch-Politikersicht argumentieren, müsste ich mich dir vollständig anschließen und darauf pochen, dass bloß alles bleibt, wie es ist. Womit ich übrigens auch gut leben könnte.

    Allerdings wäre eine exklusivere Verbreitung über das Internet eine große Chance für neue Medien ganz allgemein. Denn wenn wir einmal voraussetzen, dass in zwei Jahren ein Großteil der Haushalte über einen Internetanschluss und einen digitalen Flachbildfernseher verfügt, dann braucht es keine Hybrid-TV. Dann reicht eine Mediabox, die es heute schon für ca. 70 Euro zu kaufen gibt. Der Fußball könnte dieser Technologie den richtigen Kick geben. Das Angebot sowohl an Hardware als auch an Programminhalten würde explosionsartig größer werden. Die Preise für die Hardware würden sinken und mehr Menschen als jetzt schon würden sich mit der Technologie Internet auseinandersetzen. Darin sehe ich sogar eine große Chance.

    Ich sehe auch ein Problem in der "alles wie immer, alles umsonst"-Mentalität, die gerade beim Fußball oft propagiert wird. Ich fahre alle zwei Wochen ins Stadion, besuche zudem etliche Auswärtsspiele, ich kaufe Merchandising-Artikel, bezahle mein Sky-Abo und bin darüber hinaus auch noch Mitglied bei meinem Verein. Das heißt: Ich finanziere das "System Fußball" mit und sorge dafür, dass dieses System für Unterhaltung sorgen kann. Und dann ist das die andere Gruppe. Die, die eben nichts zur Finanzierung des Fußballs beiträgt aber ebenfalls von der Unterhaltung profitieren möchte in einem Maße, die in keinem Verhältnis zum eigenen finanziellen Einsatz steht.

    Im Internet wäre der Weg frei für "Mikro-Programmpakete". Ich will Bundesliga um 18.30 Uhr? OK, dann muss ich 3,99 Euro im Monat berappen. Ich kann mit Fußball ab 22.00 Uhr leben? Dann ist es umsonst! Ich habe keine Lust auf Rosamunde Pilcher und die diversen Feste der Volksmusik? Dann muss ich den Quatsch auch nicht bezahlen - oder eben auch umgekehrt.

    Ich finde schon, dass es ein Recht auf TV-Grundversorgung gibt - auch beim Fußball. Diese Grundversorgung sehe ich aber bei einem 21.45 Uhr-Modell als voll gegeben an. Wer mehr haben will, muss selbst aktiv werden. Das sehe ich ganz ähnlich wie beim HD-TV. Kein Mensch wird gezwungen HD zu kucken, aber wenn der Anreiz stimmt, sind die Leute dazu bereit, sich ein entsprechendes Gerät zu kaufen und sogar Gebühren an das Privatfernsehen zu zahlen. Wenn es immer nur danach ginge, was die "Trägsten" der Gesellschaft wollen, würden wir heute noch Bundesliga in schwarz-weiß sehen, aber auch nur, wenn der Motorradkurier nicht im Stau steht.

    Kurzum: Ich wäre für Neues offen, eben auch, weil für mich die Sportschau um 18.30 Uhr längst ausgedient hat. Ich weiß gar nicht, wann ich sie mir zum letzten Mal angesehen habe. Das mag egoitisch klingen, ist de facto aber nur realistisch. Denn wenn ich in den Supermarkt gehe, dann möchte ich die Möglichkeit haben, mir nur ein Brot zu kaufen und möchte nicht dazu gezwungen werden, auch noch Butter, Milch und Marmelade dazu zu nehmen, nur weil andere das so machen.

    AntwortenLöschen
  6. Hallo Matthias,
    vielen Dank auch für Deinen ausführlichen Gedanken. Ich gebe zu, dass ich meinen Post absichtlich recht eindimensional verfasst habe, um so eventuellen Diskussionen nicht zuviel vorweg zu nehmen bzw. weitere Aspekte "herauszukitzeln".
    Deine Ausführungen finde ich nachvollziehbar und größtenteils richtig. Dennoch muss ich zugeben, dass sich bei mir wohl insbesondere auch das Bauchgefühl und nur in bedingtem Maße rationale Argumente gegen die Option "Bundesliga erstmal nur über Internet-TV" sperren (am meisten Angst habe ich in der Tat vor einer Rückkehr des großen "Spektakels á la ran"). Ich halte die Sportschau um 18.30 Uhr für ein nettes Ritual. Und ehrlichgesagt zahle ich die Rundfunkgebühren beispielsweise gerade deshalb gerne, weil ich durch sie nicht nur in den Genuss von "Tatort" und diversen gut aufbereiteten Dokumentationen, sondern insbesondere auch in den Genuss einer "Sportschau" ohne ständige Werbeunterbrechung komme. Und zwar am Samstag Abend, bevor ich mit Freunden raus gehe oder vor dem Fernseher einschlafe.
    Dass aber gerade der Fußball mit seiner enormen Reichweite als Motor für die neuen technischen Möglichkeiten des Internet-TV/Flachbild-TV mit Mediabox usw. große Bedeutung haben könnte, ist natürlich ein nicht zu unterschätzendes Argument. Leider bezweifele ich weiterhin, dass dies die Hauptüberlegung der DFL für die Einführung des neuen Szenarios war. Aber wie Tobi schon sagte: erst einmal bleibt uns eh nur das Abwarten. Und solange laufe ich gerne nach dem Heimspiel etwas schneller zum Auto, um pünktlich zur Übertragung der Erstliga-Spiele auf der Couch zu sitzen.

    AntwortenLöschen
  7. Eine kurze Anmerkung noch: Rein aus dem Bauch heraus glaube ich nicht, dass bei "ran" mehr Werbung lief, als in der jetzigen Sportschau.

    AntwortenLöschen